In dem kürzlich erschienenen Buch "Die Entdeckung Hollands" lässt der Schriftsteller Jan Brokken ein wichtiges, aber unbekanntes Kapitel des niederländischen Kulturerbes wieder aufleben. Um 1900 war Volendam eine pulsierende, internationale Künstlerkolonie, die mehr als 1.800 Künstler nach Volendam zog und zum Symbol für die Niederlande wurde. Im Gefolge der Künstler zogen auch berühmte Musiker, Schriftsteller und Schauspieler in das bunte Fischerdorf an der damaligen Zuiderzee. Jan Brokken hat den jüdischen Schwestern Zuelzer aus Berlin ein Kapitel gewidmet, eine Geschichte, die allein schon die Lektüre dieses Buches wert ist.

Gertrud Zuelzers Gemälde "Mutter und Kind in traditioneller Volendamer Tracht" (um 1913) ist eine ergreifende Darstellung von mütterlicher Zuneigung und kulturellem Erbe.

Gertrud (1873-1968) und Margarete Zuelzer (1877-1943) waren sehr enge Schwestern. Gertrud wurde als Landschafts- und Porträtmalerin ausgebildet, Margarete war eine der ersten Doktorandinnen an der Universität Heidelberg. Ihr stand eine vielversprechende Karriere am berühmten Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie bevor. Die Schwestern besuchten Volendam mehrere Male, 1911, 1913 und 1925.

Jan Brokken beschreibt, wie Gertrud in ihren Briefen an Freunde zum Ausdruck brachte, wie sehr sie sich von Volendam, der Umgebung und den Mädchen in Trachten inspirieren ließ. Aber es gab keine greifbaren Beweise für das, was Gertrud in Volendam malte. Mit dem Einmarsch der Nazis 1934 wurde es für jüdische Künstler praktisch unmöglich, ihren Beruf auszuüben. Die Reichskammer der bildenden Künste vernichtete das Leben und die Arbeit vieler jüdischer Künstler und Kunsthändler.

Die Wege der Schwestern trennten sich. Gertrud versuchte, in die Schweiz zu fliehen, wurde aber gefangen genommen. Sie wurde in Theresienstadt inhaftiert und konnte dank ihrer Zeichenkünste überleben. Als Gegenleistung für gezeichnete Porträts ihrer Mitgefangenen erhielt sie zusätzliche Lebensmittel. Margarete war in das "sichere" Amsterdam umgezogen. Sie schickte ihrer Schwester Buntstifte und Papier. Margarete wurde 1942 von den Deutschen verhaftet und starb einige Monate später im Lager Westerbork.

Aufhebung eines vergeten meesterwerkes von Gertrud Zuelzer in Middelburg
Jan Brokken (rechts) und André Romijn mit "Mutter und Kind" von Gertrud Zuelzer

Aber es ist noch nicht alles verloren! Der Middelburger Galerist und Porträtmaler André Romijn hat ein lange verschollenes Kunstwerk von Gertrud Zuelzer wiederentdeckt. In Romijns Kunstsammlung finden sich mehrere Werke von Künstlern, die in Volendam gemalt haben. Neben Ferdinand Schmutzer, Paul Berthon, Louis Soonius und anderen besitzt André auch ein authentisches, von G. Zuelzer signiertes Werk. Das Kunstwerk, ein berührendes Porträt mit dem Titel "Mutter und Kind in Volendamer Tracht", war bis vor kurzem vernachlässigt und der Öffentlichkeit unbekannt. Romijn hat eine erste Restaurierung durchgeführt und wird das Werk wieder zu seinem alten Glanz verhelfen.

Nach der Lektüre von "Die Entdeckung Hollands" nahm André Kontakt zu Jan Brokken auf, der das Kapitel mit dieser Entdeckung in der nächsten Ausgabe des Bestsellers sofort erweiterte. Das Gemälde wurde am 23. April in der Niederländisch-Reformierten Kirche in Rhoon zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt, wo Jan Brokken vom Bürgermeister die Ehrenmedaille der Gemeinde Albrandswaard (Rhoon) überreicht wurde. An diesem besonderen Abend, an dem Ort, an dem Jan aufgewachsen ist, las er aus seinem neuen Buch, das von dem Pianisten Jeroen van Veen und dem Cellisten Joachim Eijlander musikalisch umrahmt wurde.

Zurück in Volendam

Am 24. April war Gertrud Zuelzer wieder in Volendam. Ihr Werk "Mutter und Kind" wurde im Rahmen eines besonderen Abends ausgestellt, der von B&W der Gemeinde Edam-Volendam organisiert wurde, als Startschuss, um die reiche Kulturgeschichte der Künstlerkolonie Volendam wieder aufleben zu lassen.

Die Komposition von "Mutter und Kind" ist intim und die Motive nehmen den größten Teil der Leinwand ein, wodurch die Aufmerksamkeit des Betrachters direkt auf die Interaktion zwischen den beiden Figuren gelenkt wird. Die Position der Mutter, die sich über das Kind beugt, schafft einen schützenden Bogen, während die konzentrierte Aufmerksamkeit des Kindes auf einen Gegenstand in der Hand auf Lernen oder Spielen hindeutet. Diese Interaktion ist für die Geschichte des Bildes von zentraler Bedeutung und unterstreicht die Themen der Pflege und der Weitergabe von Traditionen.

"Moeder en kind in traditionele Volendamse klederdracht", war tot voor kort verwaarloosd en onbekend bij het grote publiek
Vor der Restaurierung

Das wiederentdeckte Gemälde von Gertrud Zuelzer verkörpert eine Epoche und eine Gemeinschaft, die von der Geschichte fast ausgelöscht wurde. Glücklicherweise befindet es sich nun in den liebevollen Händen eines Bewunderers von Zuelzers Talent. Mit der Wiederentdeckung dieses Werks wird Zuelzer posthum gewürdigt und, auch dank "Die Entdeckung Hollands", ein fast vergessener Teil unserer Kulturgeschichte wiederbelebt.

Das Gemälde "Mutter und Kind" ist ab dem 5. Mai wieder im Kunsthuis André, Segeersstraat 43 in Middelburg zu sehen.

Signierte Exemplare von "Die Entdeckung der Niederlande" von Jan Brokken sind ebenfalls erhältlich!